Physikalische Grundlagen der Selbstreinigung
Die Kombination von Wachskristallen, Lufteinschluß und Noppenstruktur schafft eine Oberflächensituation, in der Wassertropfen nicht benetzen und eine nahezu kugelförmige Form einnehmen. Dadurch wird der Rollwiderstand eines Wassertropfens gegenüber einer vergleichbaren glatten Oberfläche stark erniedrigt. Das leichte Abrollen erlaubt dem Wassertropfen außerdem alle Schmutzpartikel wegzutragen.
Maßgeblich für die Benetzbarkeit von Oberflächen ist ein Zusammenspiel der Oberflächenenergien von Wasser, Pflanzenoberfläche und Luft. Die mikroskopische Struktur der Wachskristalle trägt zu einer Erniedrigung der Oberflächenenergie bei und verstärkt die wasserabweisenden Eigenschaften.
Selbstreinigende Textilien nach dem Vorbild der Lotuspflanze
Textilien werden üblicherweise durch eine Ausrüstung mit Fluorcarbonharzen gegen Verschmutzung geschützt. Diese bilden einen wasser- und ölabweisenden Polymerfilm und sorgen dafür, dass Schmutzpartikel oder Flecken weniger stark auf dem Textil haften und leichter abwaschbar sind. Insbesondere bei ölartigen, fettigen Verschmutzungen haben sich diese Produkte seit Jahren bewährt.
Lotusartige Mikrostrukturen auf einem Textil können die Wirkung von Fluorcarbonfilmen erheblich steigern. Damit sind Textilien herstellbar, die viel stärker wasser- und schmutzabweisend sind. Verschmutzungen lassen sich nach dem Vorbild der Lotuspflanze mit wenig Wasser einfach ablösen.
Die Erzeugung sehr kleiner Strukturen, die gleichzeitig waschbeständig und mechanisch stabil sind, den weichen Griff eines Gewebes aber nicht beeinflussen, stellt für die Chemie- und Textilindustrie noch eine große Herausforderung dar. Trotz großer Anstrengungen steht der kommerzielle Durchbruch selbstreinigender Textilien, zu dem die Nano-technologie wichtige Beiträge leistet, noch aus. Fortschritte auf diesem Gebiet werden aber in Zukunft kostengünstigere Verfahren zur Erzeugung lotusartiger Textilflächen ermöglichen und unsere textilen Gebrauchsgewohnheiten nachhaltig verändern.
Dr. Michael Schmitt, BASF AG Ludwigshafen